Freitag, 30. Oktober 2015

Entscheidungshilfe beim Immobilienkauf - das DCF-Verfahren


Stadtvilla Alt Heerdt, Düsseldorf-Heerdt


Das Discounted-Cash-Flow-Verfahren


Vorwort::

Das Dicounted-Cash-Flow-Verfahren (DCF) ist eine Alternative zum traditionellen Ertragswertverfahren. Während letzteres hauptsächlich Mieten berücksichtigt, bleiben weitere Faktoren, die für qualifizierte Aussagen über eine Investitionsentscheidung wichtig sind, außen vor. Dazu zählen Kriterien wie Finanzierungskonditionen, steuerliche Verhältnisse, Entwicklungspotentiale, etc.

Hier bietet sich das DCF-Verfahren als Alternative förmlich an, das erwartete Entwicklungen mit in die Kalkulation einbezieht. Es ist ein Barwertverfahren, das die Dynamik zukünftiger Entwicklungen von Aufwendungen und Erträgen periodisch berücksichtigen kann.

Viele kennen sicherlich folgendes Problem zu genüge: Ein Investor möchte Rat hinsichtlich einer Entscheidung, ob er in ein spezielles Immobilienprojekt investieren soll. In der Praxis wird bisher meistens das sogenannte Ertragswertverfahren benutzt. Es berücksichtigt zwar die Mieten, kann aber nur bedingt die Grundlage für eine renditeorientierte Investitionsentscheidung sein. Wichtige weitere Einflussgrößen, die den Investor in seiner Investitionsentscheidung beeinflussen, wie Kaufkosten, Finanzierungsbedingungen, Kostenstruktur, steuerliche Gesichtspunkte und die Entwicklungsmöglichkeiten des Investitionsgutes „Immobilie" über einen festgelegten Investitionszeitraum, bleiben bei diesem Verfahren nahezu außen vor. d.h. die tatsächliche Rendite einer Investition kann nicht berechnet werden, und ein Vergleich zu alternativen Anlagen ist nicht möglich.

Um auf Grundlage dieser entscheidenden Faktoren eine qualifizierte Aussage über die Attraktivität einer Investitionsentscheidung zu bekommen, bietet sich aber das Discounted-Cash-Flow-Verfahren (DCF) an. Im nun folgenden Text sollen die Vorteile des DCF-Verfahrens für den Investor anhand der Stadtvilla in Düsseldorf-Heerdt dargestellt werden.


Definition: DCF-Verfahren = Barwertverfahren

Das DCF-Verfahren ist ein Barwertverfahren, d.h. zukünftige Entwicklungen von Erträgen und Kosten werden auf den heutigen Zeitpunkt diskontiert. Diese Einnahmen und Ausgaben werden in diesem Fall über 10 Jahre tabellarisch zusammengefasst.

Individuelle jahresbezogene Einflüsse wie Leerstand, Instandhaltung / Modernisierung, Finanzierungskosten und Steuern können bei dieser Mehthode explizite Berücksichtigung finden.

Außerdem sind Vergleichsrechnungen von unterschiedlichen Objektentwicklungen möglich. Diese können gegenübergestellt werden, so dass ein Investor z.B. Modernisierungen von einzelnen Einheiten und deren Mietsteigerung innerhalb des Investitionszeitraums mit deren Auswirkungen auf die Rendite direkt darstellen kann.

Ein Vergleich dieser Ansätze hilft die beste Strategie für ein Objekt zu finden. Auch können einzelne fiktive Annahmen innerhalb des Investitionszeitraums ständig (z.B. halbjährlich) aktualisiert werden, um die strategischen Überlegungen immer auf den neuesten Stand zu bringen.

Es liefert Investoren zwei wichtige Ergebnisse:

a) Ermittlung des Barwertes = NPV (net present value) Bei dieser Betrachtungsweise wird die Renditevorstellung in Prozent vorgegeben! Es wird dann der Barwert errechnet, der sich aus dem maximalen Kaufpreis (oder Bodenwert + Herstellungskosten) für ein Investitionsobjekt ergibt.

b )Ermittlung des IRR (internal rate of return) Ziel ist es festzustellen, unter welchen Konstellationen gerade der Deckungsbeitrag erreicht wird. Der IRR ist dabei die Mindestrendite, bei der die Summe der periodischen Erträge und Kosten, erhöht um den Restwert und reduziert um das eingesetzte Eigenkapital, gleich Null ergibt.



Wenn der Ertragswert = die Summe der Barwerte = dem Kaufpreis ist, dann ist der IRR gleich dem Liegenschaftszins.


Vorteile des hier vorgestellten DCF-Verfahrens gegenüber dem Ertragswertverfahren

Das Ertragswertverfahren bezieht seine Informationen meist aus der Vergangenheit.

Beim DCF-Verfahren „blickt der Investor in die Zukunft". Er betrachtet die Investitionsdauer und spaltet sie nach Jahren auf. Gleichzeitig bezieht er konjunkturbedingte Schwankungen, aber auch Gegenmaßnahmen (Modernisierung / Umnutzung) in die Kalkulation mit ein. Außerdem werden die Kosten der verschiedenen Darlehen mit ihren unterschiedlichen Laufzeiten berücksichtigt. Aufgrund einer Annahme über die weitere konjunkturelle Entwicklung kann die Wertentwicklung der Immobilie über die Investitionsdauer abgeschätzt werden.

So kann der Investor die tatsächlichen Mieten benutzen, sie dann aber an den Konjunkturverlauf (Modernisierung, Mieterhöhung, Umnutzung) anpassen. Das DCF-Verfahren errechnet dem Investor für jedes Jahr der Investitionsdauer den Jahresfehlbetrag oder Jahresüberschuss (Summe aller Einnahmen und Ausgaben) und zinst diese auf den Wertermittlungsstichtag ab. Die Summe dieser abgezinsten Beträge, plus den abgezinsten Restwert des Bewertungsobjektes, ergibt den maximal möglichen Kaufpreis bei angenommenem Risiko (Zinssatz der Abzinsung).



Folgende Standard-Einflussfaktoren werden beim DCF-Verfahren verwendet:


Rohertrag
Bewirtschaftungskosten
Betrachtungszeitraum
Kalkulationszins (Risiko)
Fremdkapital (Zins, Tilgung, evtl. mehrere Darlehen)


Diese werden durch weitere wichtige Einflussfaktoren ergänzt:

Angebotener Kaufpreis
Entstehende Kaufkosten
Bodenwertanteil
AfA
Einkommenssteuersatz des Investors
Veränderungen über den Investitionszeitraum:Verkehrswert, Rohertrag Bewirtschaftungskosten
Verkaufskosten nach dem Betrachtungszeitraum
Eigenkapital


Die Berechnung soll auf die Stadtvilla in Düsseldorf-Heerdt angewendet werden. Sie wird zurzeit als Bürohaus genutzt. Nutzfläche beträgt 631m². Das Objekt wird für 1,6 Mio € angeboten. Der Mietzins wird mit 9,00 €/m² angenommen, Dies ist eine durchschnittlicher Mietzins, da Lagerflächen und Hauptflächen zu unterschiedlichen Preisen vermietet werden. Der Mietzins im Umfeld liegt bei 12,00 €/m².
Die Stadtvilla soll im gegebenen Fall als reines Investitionsobjekt betrachtet werden ungeachtet möchlicher Umnutzungen.

Folgende Daten werden für unser Beispiel angenommen:



  • Bei einem möglichen Kauf würden ca. 9% Kaufkosten (6,5% Grunderwerbsteuer und 1,5% Notarkosten) entstehen.
  • Der Bodenwert wurde auf 320 000 € geschätzt.
  • Unter Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung wird sich der tatsächliche Rohertrag von 68 148 € ohne Modernisierung / Umnutzung maximal um eine Dynamik von 1% jährlich steigern lassen.
  • Das Objekt hat keinen Unterhaltungsstau.
    So sind Bewirtschaftungskosten von rd. 7 900 € im Jahr angemessen.
  • Die Investition in das Objekt soll über einen Zeitraum von 10 Jahren laufen.
  • Wir beziehen die Abschreibung von 2,5% (Bau vor 1924) und einen Einkommenssteuersatz von 42% in die Kalkulation ein.
  • Für die Abzinsung wählen wir einen Zinssatz von 5%, der etwa einem mittleren Risiko entspricht.
  • Die Eigenartigkeit des Objektes und der von uns erwartete konjunkturelle Verlauf erlauben eine vorsichtige Steigerung des Verkehrswertes von 2% pro Jahr.
  • Bei einem Verkauf nach 10 Jahren nehmen wir 5% Verkaufskosten an, die nicht vom Käufer getragen werden.


Der Investor setzt 128 000 € Eigenkapital ein. Damit wird das Objekt voll finanziert.

Hieraus ergibt sich folgender Tilgungsplan:


In unserem Betrachtungszeitraum gehen wir davon aus, dass sich der Rohertrag von
68 148 € auf 74 532 € steigern lässt. Gleichzeitig erhöhen sich die BWK von 7 913 € auf 9457 €. Hieraus ergibt sich eine Steigerung des Reinertrags von 60 235 € auf 65 075 €.

Es ergibt sich hierbei lediglich in den ersten zwei Jahren ein Steuervorteil, d. h. Das Gebäude arbeitet in kurzer Zeit mit Gewinn und deckt einen Teil der Tilgung.



Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse:

Bei der angenommenen Wertsteigerung ergibt sich ein Verkaufserlös von 1 988 320 € der um die angenommenen Verkaufskosten von rd 99 400 € und die Rückzahlung des Restdarlehens in der Höhe von rd. 1 249 600 € reduziert werden muss.

Es verbleibt ein Endeigenkapital von rd. 639 300 € in 10 Jahren, das wir auf den Wertermittlungsstichtag, nämlich heute, beziehen. d.h. wir diskontieren mit 5% über 10 Jahre und erhalten ein Endeigenkapital zum heutigen Zeitpunkt von rd. € 392 500 €.

Von diesen 392 470 € ziehen wir das zu investierende Eigenkapital in Höhe von 128 000 € ab, addieren die jeweiligen Überschüsse bzw. Fehlbeträge, die wir auf den Stichtag mit 5% diskontiert haben, und erhalten den „net present value" von rd. 238 400 €.

Wie das Beispiel zeigt, haben wir die Summe aller Ausgaben und Einnahmen über den Investitionszeitraum von 10 Jahren auf heute bezogen.

Die Investition bringt also aus heutiger Sicht einen Überschuss von 238 400 € bei einem Einsatz von 128 000 €.

Der IRR (internal rate of return) zeigt uns, dass bei einer Diskontierung mit rd. 11% der „net present value" der Investition gerade Null sein würde.

Unter den gegebenen Einflussgrößen ist die Investition sehr positiv zu bewerten, da im Normalfall das Risiko sicherlich nicht über 11% liegen wird.

Dies war nur eine Möglichkeit. Es lassen sich noch die verschiedensten Berechnungen für unterschiedliche Ansätze durchrechnen. Wie wirken sich z. Beisp. Umbauten und andere Ansätze der Mehrwerte auf die Rentabilität des Gebäudes aus. Oder wie sieht die Erweiterung der Laufzeit des Darlehens von 10 auf 15 Jahre aus.

Fazit: Der entscheidende Vorteil des DCF-Verfahrens ist seine Zukunftsorientierung. Dies kann sich aber auch als Nachteil herausstellen, denn es beruht teilweise auf Annahmen über eine erwartete, aber keineswegs gesicherte Entwicklung.

Diese Annahmen können sich als zu optimistisch herausstellen und damit den Wert einer Investition nachhaltig mindern.

Es kommen daher häufig Einwände gegen dieses Modell der Immobilienbewertung. Diese Bedenken sind u. E. nur teilweise berechtigt, denn eine Investition läuft immer unter Unsicherheit ab.

Die Verwendung von historischen Daten, wie es beim Ertragswertverfahren der Fall ist, ist oft trügerisch, weil es keine Garantie dafür gibt, dass sich zurückliegende Werte weiterhin erzielen lassen. Der Investor hat jedoch mit Hilfe des DCF-Verfahrens entscheidende Vorteile auf seiner Seite, denn er kann z.B. sehr vorsichtige Annahmen treffen, die seiner Risikoneignung entsprechen.

Insofern bietet das DCF-Verfahren eine Vielzahl neuer Chancen und Möglichkeiten für eine adäquate Immobilienbewertung. Es sollte die Investitionsentscheidung erleichtern.


Rainer E. Plinge
M: 0160 9492 89 22





Quellen: Hauke Petersen (Kiel) Eike Brand (Nürnberg) Prof. Wolfgang Kleiber (Bonn); Oliver Janssen Dipl. Sachverständiger DIA, (Heidelberg) 

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